Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) & warum Inklusives Webdesign eine sinnvolle unternehmerische Entscheidung ist

Ab Juni 2025 wird es Pflicht: Webseitenbetreiber müssen sicherstellen, dass ihre Inhalte für Menschen mit Behinderung leicht zugänglich sind, um die Barrierefreiheit im Internet zu verbessern. Was das konkret bedeutet und wie deine Webseite diesen Anforderungen nicht nur gerecht werden kann, sondern es dir auch entscheidende Wettbewerbsvorteile bietet, liest du hier.

  • Was bedeutet Digitale Barrierefreiheit?
  • Für wen gilt die neue Gesetzgebung des BFSG?
  • UX Praxis: Checkliste & Tests für die eigene Webseite
  • Access for more success – Unternehmensvorteile

Was bedeutet Digitale Barrierefreiheit?

Das Internet, der Raum grenzenloser Möglichkeiten. Im Digitalen Universum haben wir alle identische Rechte und Chancen. Online sind wir alle gleich! Stimmt das wirklich? Denn das würde bedeuten, dass Online-Inhalte und -Dienste so gestaltet sind, dass sie auch von Menschen mit Behinderung uneingeschränkt genutzt werden können. Man unterscheidet dabei vier Typen von Einschränkungen mit Relevanz für die Barrierefreiheit im Web:

✓ Motorisch / Sensorisch
✓ Visuell
✓ Auditorisch
✓ Kognitiv

Die User Experience sollte so gestaltet sein, dass sie von allen Nutzer:innen unabhängig von körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen sowie den spezifischen technischen Hilfsmitteln, die sie verwenden, brauch- und bedienbar ist.

Realitätscheck: Wie sieht es mit der Barrierefreiheit auf den meisten Webseiten aus?

Eben – und hier kommt das neue Gesetz ins Spiel. Das Ziel ist es, sicherzustellen, dass jede und jeder, unabhängig von ihren oder seinen Fähigkeiten, gleichermaßen auf digitale Informationen und Dienstleistungen zugreifen kann.

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) stellen den internationalen Maßstab für die Barrierefreiheit im Internet dar. Diese Richtlinien, die als goldener Richtwert für barrierefreie Websites gelten, stützen sich auf 4 Grundprinzipien:

  • Wahrnehmbar: Alle Informationen und das Interface sollten für sämtliche Nutzer:innen zugänglich sein, auch wenn einzelne Besucher:innen sie möglicherweise nicht mit allen Sinnen wahrnehmen können. Funktioniert deine Seite bspw. auch für Assistenz-Technologien?

 

  • Bedienbar: Die Webseite soll für alle leicht bedienbar und das Interface klar und zugänglich gestaltet sein. Alle Interaktionen müssen klar erkennbar sein, ohne besondere Anforderungen an die User:innen zu stellen. Zum Beispiel sind nicht alle, die surfen, mit einer Maus unterwegs.

 

  • Verständlich: Alle Informationen der Webseite, sowie die Art und Weise der Bedienung, müssen für die Nutzer:innen leicht verständlich und nachvollziehbar sein. Weniger Knoten im Kopf produzieren und für mehr Klarheit sorgen! Dies betrifft insbesondere die Orientierung und Navigation auf der Seite.

 

  • Robust (Responsive): Wahrnehmung und Nutzung der Website muss mit einer großen Zahl von Geräten zuverlässig möglich sein. Nicht nur für die Barrierefreiheit im Web ist es unverzichtbar – Responsive Design ist heutzutage Standard und wird von User:innen regelrecht erwartet. Daher sollte deine Seite immer flexibel bleiben, weil die richtige Größe manchmal doch entscheidend ist.

Für wen gilt die neue Gesetzgebung des BFSG?

Das Gesetz dient vorrangig dem Zweck, das Interesse von Verbraucher:innen an Barrierefreiheit durchzusetzen. Das bedeutet für alle Unternehmen, die Online-Handel betreiben, also Produkte oder Dienstleistungen über ihre Webseite verkaufen, gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.

In den Leitlinien sowie auf der Seite der Bundesfachstelle zur Barrierefreiheit ist es wie folgt vermerkt:

„Gemäß BGG müssen öffentliche Stellen des Bundes im digitalen Bereich folgendes barrierefrei gestalten: Websites (inklusive Intranets und Extranets), Apps sowie elektronische Verwaltungsabläufe (vgl. § 12a Absatz 1 BGG).“

Unter elektronische Verwaltungsabläufe fallen alle geschäftlichen Transaktionen, die über eine Webseite getätigt werden können, insbesondere dann, wenn sich die Maßnahmen direkt an Endkunden richten (B2C). Es betrifft also auch Bereiche auf der Seite, die nicht zum reinen eCommerce gehören, wie etwa die Möglichkeit Termine online zu buchen oder Kontaktformulare.

Ausgenommen sind private, sowie rein geschäftliche Angebote (B2B) und Kleinstunternehmen.

Zudem müssen Websites künftig eine „Erklärung zur Barrierefreiheit“ oder ähnliche Informationen bereitstellen, die selbstverständlich selbst barrierefrei gestaltet und zugänglich sein müssen. Außerdem sollte die Website eine Kontaktmöglichkeit bieten, mit der Nutzer:innen Barrieren melden können.

Als Stichtag für die Umsetzung des BFSG gilt der 28. Juni 2025.

Sei klug – sichere deinen Zug!

Bitte beachte, dass dieser Artikel keine Rechtsberatung ersetzt. Ziehe für alle juristischen Fragen einen im Fachgebiet ausgewiesenen Rechtsbeistand hinzu. Kläre unbedingt ab, ob deine Webseite unter die Vorgaben des BFSG fallen und ob du die Regelungen zur Digitalen Barrierefreiheit einhalten musst! Für kleinere Unternehmen bietet die Bundesfachstelle Barrierefreiheit Beratung und Support an.

UX Praxis: Checkliste & Tests für die eigene Webseite

Es gibt eine Vielzahl von sinnvollen Maßnahmen, die beim Webdesign für die Reduktion von Barrieren auf der Webseite bereits jetzt und ohne die gesetzliche Verpflichtung umgesetzt werden können. Barrierefreiheit macht deine Webseite in jedem Fall nutzerfreundlich und einfacher in der Bedienung und liefert dir dadurch einen Wettbewerbsvorteil.

Einfach, aber wichtig: Kontakt herstellen

Die Kontaktaufnahme sollte über verschiedene Wege möglich sein, denn die Beschränkung auf bestimmte Kommunikationswege kann manche Menschen bereits ausschließen.

Bleib auf EINEM Weg: structure follows strategy

Ein strukturierter Seitenaufbau mit Überschriften, Listen und Absätzen ist Voraussetzung für die barrierefreie Nutzung. Sinnvolle und aussagekräftige Seitentitel in logischen Hierarchien bringen Klarheit und Ordnung in deine Inhalte.

Alles, was wichtig ist, findet seinen Ursprung im… HTML!

Bilder ohne Alt-Texte können beispielsweise nicht von Screenreader genutzt werden. Mit HTML kannst du sicherstellen, dass alle interaktiven Elemente deiner Seite im Quellcode so ausgezeichnet sind, dass sie von allen Browsern und Assistenz-Technologien verstanden und durch Hilfsmittel zugänglich werden.

Intuitive Navigation führt die Nutzer:innen zielgerichtet durch deine Inhalte. Stelle z.B. sicher, dass deine Website per auch per Tastatur navigiert werden kann und Formularfelder per Tabulator in sinnvoller und nachvollziehbarer Reihenfolge ansteuerbar sind.

Stark abgehoben: Ich sehe was, was du nicht siehst

Schwache Kontraste zwischen Text- und Hintergrundfarbe sorgen dafür, dass diese von Menschen mit Rot/Grün-Blindheit nicht voneinander unterschieden werden können. Von dieser Einschränkung sind in Deutschland ca. 3,5 Millionen Menschen betroffen. Nicht unerheblich, deswegen gib allen die Chance deine Inhalte zu sehen und wähle knackige Kontraste!

KISS is key

„keep it simple and stupid”, denn komplizierte, verklausulierte oder bürokratische Sprache schreckt jeden User ab! Aussagen, die sich auf das Wesentliche fokussieren, sorgen für das schnellere Erfassen und Verstehen von Inhalten, bleiben besser im Gedächtnis und beugen Missverständnissen vor. Genau das, was du mit deinen Botschaften erreichen willst!

Lohnt es sich zu warten – oder wird das nichts mit uns?

Wenn der Kaffee schneller gemacht ist, als die Inhalte auf deiner Webseite laden, dann ist das schlecht! Langsame Webseiten mit langen Ladezeiten sind einfach nur anstrengend und werden dadurch schwer zugänglich.

Willst du viel – sei mobil!

Stelle sicher, dass alle Inhalte deiner Seite auf Smartphones, Tablets und Desktop optimal dargestellt werden. Egal ob User:innen die Schrift vergrößern oder das Gerät wechseln, die Inhalte passen sich an und bleiben lesbar. Wie schon erwähnt, sollte es heutzutage Voraussetzung sein, dass alle Websites responsive sind. Ist dies nicht der Fall, fällt es dem User eher negativ auf. Merke: Size does matter!

Um deine bestehende Webseite zu überprüfen, gibt es kostenfreie Tools mit der du die Barrierefreiheit deiner digitalen Infrastruktur testen kannst.

Eine genaue Beschreibung, wie deine Webseite auf Barrierefreiheit geprüft wird, findest du hier.

Access for more success – Unternehmensvorteile

Zu teuer, zu komplex und die Zielgruppe ist eh viel zu klein? Weit gefehlt! In unserer stetig alternden Bevölkerung nimmt die Zahl und vor allem der Anteil der behinderten Menschen kontinuierlich zu. Es wird damit immer wichtiger, Menschen mit Einschränkungen bei der Gestaltung und Planung von Websites zu berücksichtigen.

Die Vorteile von Digitaler Barrierefreiheit für deine Webseite:

✓ Optimierung der Ladezeit zur Steigerung der Website-Performance
✓ Verbesserung der Mobile Usability
✓ Erhöhung der Conversion Rate
✓ Steigerung der Nutzerzufriedenheit
✓ Reduzierung der Absprungrate
✓ Gewährleistung der Rechtssicherheit
✓ Verbesserte Suchmaschinenoptimierung (SEO)

Es geht also nicht nur darum, rechtliche und regulatorische Anforderungen zu erfüllen, sondern dein Unternehmen profitiert auch von einer Vielzahl von Vorteilen. Die Schaffung eines zugänglichen Online-Erlebnisses eröffnet das Potential zusätzlicher Kunden und sorgt für Kundenbindung. Dies signalisiert Wertschätzung für Vielfalt und trägt positiv zum Image deiner Marke bei. Denn, die genannten Maßnahmen verbessern die Nutzererfahrung von allen Usern deiner Website und das ist im digitalen Zeitalter in jedem Fall eine sinnvolle Geschäftsentscheidung.

Fazit

Für alle User:innen aufgestellt? Falls nicht, wird es Zeit zu planen. Die Überarbeitung oder gar der komplette Relaunch deiner Website bedarf nämlich Vorlauf. Dabei ist es gleichzeitig die perfekte Gelegenheit, die Website technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Damit die Umsetzung ein Erfolg wird, hier 3 wichtige Tipps:

  • Inklusion ist Teamwork: Hol alle Beteiligten an Board. Jede und jeder im Unternehmen braucht ein Verständnis für die Anforderungen, damit die Inhalte auf der barrierefreien Website entsprechend umgesetzt werden können.
  • Better safe than sorry: Halte die Rechtsvorschriften ein und minimiere das Risiko von Rechtsstreitigkeiten und Strafen. Konsultiere bei Unklarheiten einen für den Fachbereich ausgewiesenen Rechtsbeistand.
  • Erfahrung ist die beste Vorbereitung auf die Zukunft (Albert Hubbard). Eine Agentur mit Lösungen für inklusives Design, wie wir, kann dich bei der Umsetzung deiner barrierefreien Webseite unterstützen. Dadurch sparst du bei der Umsetzung Zeit und Geld und sicherst dir gleichzeitig erprobte Qualität.

PS: Du suchst Unterstützung im Bereich E-Commerce-Shop, UX, User Research, Webdesign oder Webentwicklung? Dann lass uns gemeinsam Dein Wunschprojekt in die Tat umsetzen – wir freuen uns auf ein Kennenlernen 😊

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Sven Dreißigacker

Geschäftsführer UserMind GmbH 

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